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HomeEntdeckenLWB-Geschichten über “tägliches Brot"Kenia: Weine nicht, sonst wollen sie Wasser von uns haben

© LWB/Fredrick Nzwili

Kenia: Weine nicht, sonst wollen sie Wasser von uns haben

Aufruf an lutherische Kirchen zum Schutz der Schwachen

Safiel Kuleis einfache Aussage trifft den Kern des Problems, mit dem viele seiner NachbarInnen nach mehreren aufeinander folgenden Dürrejahren in Kenia konfrontiert sind. „Ich hatte 88 Kühe. 50 davon habe ich verkauft. Die übrigen sind gestorben. Im Moment bin ich völlig mittellos. Ich bin seither in die Stadt gezogen“, erzählt Kulei, ein Bauer, der in der Kenianischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (KELK) als Evangelist arbeitet.

Kulei gehört der Maasai-Gemeinschaft an, die in Südkenia und im benachbarten Nordtansania ihre Heimat hat. Im Leben der Menschen und in der Wirtschaft dreht sich alles um Viehhaltung und insbesondere um Rinder, die als Zeichen von Wohlstand gelten. Das Ansehen eines Bauern steigt mit der Zahl der Rinder, die er besitzt. Mit Rindern wird Handel getrieben oder sie werden verkauft, um Schulden zu begleichen, und je nach Bedarf geschlachtet. Während der Dürrezeit, die nahezu drei Jahre andauerte, bevor die aktuellen Regenfälle einsetzten, wurde der Viehbestand der Maasai-Gemeinschaft dezimiert und die Menschen verloren ihre Haupteinnahmequelle und Existenzgrundlage.

„Auch als sich Wolken bildeten, gab es im Gegensatz zu früheren Jahren keinen Regen“, berichtete Kulei, als er die Teilnehmenden einer Regionalkonsultation des Lutherischen Weltbundes (LWB) zum Thema Klimawandel, Ernährungssicherheit und Armut Anfang Oktober begrüsste. Die Delegierten der LWB-Konferenz hatten Olirium, dem Missionsgebiet der KELK im südöstlichen Distrikt Kajiado, einen Besuch abgestattet. „Wenn die Kinder weinten, wurde ihnen gesagt, sie sollten aufhören, damit niemand ihre Tränen sähe. Die Nachbarn und Nachbarinnen könnten sonst fragen: ‚Wo habt ihr denn das Wasser her?’“, so Kulei mit Blick auf den Mangel an Wasser.

Klimawandel

Kuleis Bericht ähnelt den vielen anderen Geschichten, die auf der Konsultation in der kenianischen Hauptstadt Nairobi erzählt wurden. Mehr als 50 Teilnehmende aus LWB-Mitgliedskirchen in Afrika, Länderprogrammen der LWB-Abteilung für Weltdienst und Partnerorganisationen waren vom 5. bis 10. Oktober zusammengekommen, um über das Thema „Vision, Realität und das Zeugnis der Kirche in Zeiten des Klimawandels, der Ernährungsunsicherheit und der Armut“ zu diskutieren.

Mmeme Akpabio von der Lutherischen Kirche Nigerias berichtete, dass es im nigerianischen Bundesstaat Akwa Ibom vor 50 Jahren noch grosse Palmenwälder gegeben habe, die zur Herstellung von Palmöl genutzt worden seien.

„Zunehmende Erwärmung und ungünstige Wetterbedingungen haben zur Folge, dass die Produktivität in der Palmölindustrie sinkt“, so Akpabio. „Der Klimawandel hat zu einer Verschlechterung der Anbaubedingungen in Nordnigeria geführt und stellt eine Bedrohung für die Nahrungsmittelproduktion dar”, fügte sie hinzu.

Ferner hörten die Teilnehmenden Berichte, in denen die Industrieländer mit ihrer übermässigen Emission von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen in die Atmosphäre als Hauptverursacher des Klimawandels genannt wurden.

Afrika, das selbst nur drei Prozent der schädlichen Treibhausgase emittiert, ist am stärksten durch den Klimawandel bedroht. Der Kontinent ist ungenügend auf Dürren und Überschwemmungen vorbereitet und ist bereits heute heftigen Regenfällen und langen Dürreperioden ausgesetzt, die zu unvorhersehbaren Ernteausfällen, Wasserknappheit und Futtermangel in der Weideviehzucht führen.

Ernährungssicherheit

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnt, dass der Klimawandel die Abhängigkeit Afrikas von Nahrungsmitteleinfuhren verstärken und die landwirtschaftliche Produktion des Kontinents um voraussichtlich bis zu 30 Prozent reduzieren könnte.

Prognosen zufolge wird Afrika südlich der Sahara, also die Region, die bereits heute am stärksten von Ernährungsunsicherheit betroffen ist, die grössten Einbussen im landwirtschaftlichen Einkommen erleiden.

Nach Angaben der FAO leiden bereits heute nahezu 265 Millionen Menschen in Afrika südlich der Sahara unter chronischem Hunger. 20 Millionen Menschen in Ostafrika sind abhängig von Nahrungsmittelhilfen und diese Zahl kann nach Aussagen der UN-Organisation insbesondere in marginalisierten bäuerlichen Gemeinschaften und einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen in städtischen Gebieten weiter ansteigen.

Die FAO befürchtet eine weitere Verschärfung dieses Problems durch das El Niño-Phänomen, das gegenwärtig für schwere Regenfälle in der Region und die absehbaren Überschwemmungen und Zerstörungen von Ernten, Viehbestand, Infrastruktur und Unterkünften verantwortlich ist.

„Diese Veränderungen haben damit zu tun, dass Männer und Frauen die Welt beherrschen wollen und sie damit auch zerstören”, erklärte Gemma Akilimali, Expertin für Genderfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania. „Indem sie ihr Schaden zufügen, … zerstören sie das natürliche Gleichgewicht der Schöpfung“, so Akilimali während der Konsultation in Nairobi.

Engagement der Kirchen

„Die Kirche kann die am stärksten gefährdeten Menschen schützen und begleiten”, betonte Isaiah Kipyegon, regionaler Kommunikations- und Anwaltschaftskoordinator für Ostafrika vom norwegischen kirchlichen Hilfswerk Norwegian Church Aid (NCA). Der Kampf gegen den Klimawandel erfordere dringend gemeinsame Anstrengungen.

Mitgliedskirchen des LWB ergreifen Massnahmen, um gegen den Klimawandel vorzugehen. Tigist Teketel, Direktor der Kommission für Entwicklung und soziale Dienste der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (ÄEKMY), erklärte, seine Kirche führe 40 Projekte in den Bereichen Ernährungssicherung, Umweltschutz und Ressourcenmanagement, Wasser und Sanitärversorgung durch.

Das mit Unterstützung von Norwegian Church Aid entwickelte Armacho-Projekt der ÄEKMY in Nordwestäthiopien ermöglicht es Gemeinschaftsmitgliedern, Apfelanbau zu betreiben, und hat damit ein neues Produkt in die Region eingeführt. Das Projekt verbessert die Nahrungsmittelversorgung von Familien und ermöglicht es ihnen, mehr Einkommen zu erwirtschaften.

„Die Familien, die in dem Projekt mitarbeiten, berichten, dass sie zweimal im Jahr Äpfel ernten und auf dem lokalen Markt verkaufen. Sie alle verdienen damit viermal so viel wie mit anderen Feldfrüchten. Diesen Familien ist es gelungen, mit dem Erlös aus dem Apfelanbau so viel Geld zu erwirtschaften, dass sie es in die Viehzucht investieren können“, berichtete Teketel.

Wasserknappheit wirke sich am stärksten auf Frauen aus und die Lage verschärfe sich weiter, erklärte Akilimali. Die meisten Frauen in Afrika müssten lange Strecken zurücklegen, um Wasser für ihre Familien zu beschaffen.

Die LWB-Regionalkonsultation rief lutherische Kirchen in aller Welt auf, sich gemeinsam im Kampf gegen den Klimawandel zu engagieren und dafür zu sorgen, dass die Stimmen der Schwächsten gehört würden. „Der Klimawandel stellt ein ethisches und moralisches Versagen dar, weil wir nicht damit aufhören, die Schöpfung zu zerstören“, schlossen die Konsultationsteilnehmenden.

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